Spaß mit Genen und Vergessen

Nachdem mein Vater eben mal wieder ein linguistische Meisterleistung vollbrachte, habe ich mal wieder begonnen, zu googlen.

ALZHEIMER KRANKHEIT (DAT)

  • Häufigste Form der Demenz
  • Erkrankungsalter streut um 7. Lebensjahrzehnt
  • Frauen häufiger betroffen als Männer
  • Symptomatik: schwere Merkstörung bei gut erhaltener Persönlichkeit, im weiteren Verlauf auch Aphasie, räumliche Orientierungsstörung, Wahrnehmungsstörung
  • Kortikale Atrophie, zuerst parietotemporale und mediobasale temporale Region, später auch Frontallappen, Okzipetallappen und Kleinhirn kaum verändert, vermehrt extrazelluläre Plaques,
  • reduzierte Konzentration kortikalen Acetylcholiens => verminderte Aktivität des noradrenergen und serotonergen Systems (Zellverlust im Locus coeruleus)
  • Zusammenhang zw. Biochemischen Befunden und Ausbildung der Demenz noch nicht ausreichend geklärt

Quelle: DEMENZ (sieht aus, als wärs ein studentisches Referat)

Morbus Parkinson tritt verstärkt in Verbindung mit Demenz auf, die Parkinsondiagnose hat mein Vater schon vor etlichen Jahren bekommen. Er hat einen Tremor im Kopf, der mal mehr, mal weniger ausgeprägt ist.

Ich beobachte Merkstörungen schon seit zig Jahren, Orientierungsstörungen sind auch seit einigen Jahren vorhanden. Soweit ich das beurteilen kann, ist definitiv auch Aphasie mit im Spiel, letztere ist gerade dieses Jahr deutlich stärker geworden. Allerdings, und das macht die Sache kompliziert, kommt das beim Neurologen meines Vaters nicht an, daher gibt es auch immer noch keine Alzheimer- bzw. Demenzdiagnose und somit keine Medikation. Das macht mir ein wenig Angst und nervt mich auch.

Interessant für mich: Meine Großmutter väterlicherseits hatte Alzheimer, mein Vater scheint es auch zu haben, realistisch gesehen habe ich gute Chancen, den Spaß mitzubekommen. Bei immerhin 70% der Betroffenen der Familiäre Alzheimer Demenz (FAD) gibt es eine Genmutation. Ich kann also durch einen Test eventuell gucken, wie’s bei mir aussieht, und dann entsprechend vorsorgen. (So richtig viele Alternativen gibt es da allerdings nicht. Entweder jede Menge Geld für ein super Heim sparen – denn aktuell glaube ich nicht, dass ich im Alter eine Familie haben werden, die mich pflegen kann – oder eine Pistole kaufen und dann früh genug selbst Hand anlegen, bevor ich anfange, den Menschen um mich herum nur noch Schmerzen zu bereiten.)



Die Stereoanlage des Grauens

Heute habe ich eine weitere Stunde meines Lebens an Vaters Anlage verschwendet. Er beschloss jetzt nämlich, dass er sein altes Tonbandgerät anschließen muss. Nicht nur, dass er zwanzig Jahre alte Aufnahmen von Radioweihnachtskonzerten abspielen möchte, nein, er besteht auch darauf, dass er selbige auch aufnehmen können will. Also musste ein neues Spezialkabel her. Soweit so gut. Er hat dann direkt mal noch ein Monitorkabel mitbestellt, weil sein Tonbandgerät dafür ja einen Ausgang hat. Als ich ihm erklärte, dass das allerdings nicht bringt, weil sein Verstärker keinen entsprechenden Eingang hat, folgte Unverständnis. Dann versuchte er mich auf zig Arten zu überreden, das Monitorkabel doch an anderen Eingängen anzuschließen. Er hat allerdings keine freien Eingänge mehr und selbst wenn würde das ja nichts bringen. So richtig verständlich machen konnte ich ihm das aber nicht.

Im Endeffekt auch nicht so wichtig, denn das Tonbandgerät funktioniert gar nicht. Er versicherte mir, er habe es vor Bestellung der Kabel ausgiebig getestet. Aber er versicherte mir gestern auch eine halbe Stunde, nachdem ich hörte wie er den Hund aus dem Garten ins Haus liess, dass ich das Hoftor (er meinte die Küchentür) offengelassen hätte (durch selbige erlangte der Herr Hund unter seiner führenden Hand Zutritt ins Haus). Ich war nur die ganze Zeit in meinem Zimmer. Hmmmm. 😉

Er baut von Monat zu Monat mehr ab, das macht mich traurig und wütend zugleich, weil ich das Gefühl habe, ihm in keinerlei Weise mehr gerecht werden zu können, ohne eine Ausbildung in irgendeinem Pflegeberuf zu machen. Meh.



Leben mit der Krankheit

Ich habe eben die Stereoanlage für meinen Vater richtig eingestellt und alle Steckverbindungen richtig eingestöpselt, weil er das eben alles nicht mehr so richtig kann. Zum sechzehnten Mal diesen Monat. Dann habe ich den Raum verlassen, bin in den Keller gegangen und vier Minuten später wiedergekommen – schon war die Anlage wieder rausgezogen aus dem HiFi-Schrank. „Ich hab nichts gemacht.“ Nur dass der Plattenspieler, der vier Minuten vorher lief, nicht mehr ging. Und ich ihn auch nicht wirklich zum Laufen bekommen habe.
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