Unter dem Hashtag #Aufschrei tweeten derzeit viele Damen (und ausgesprochen erstaunlich wenige Männer!), was ihnen in ihrem Alltag so an Sexismus, sexuellen Belästigungen und Diskriminierung widerfährt. (Ob es hilfreich ist, das zu mischen, ist eine andere Sache.) Wie immer im anonymen Raum dauerte es natürlich nicht lange, bis sich einige Menschen angegriffen fühlten: „Männerhass!“ wurde gerufen und mehr oder weniger lustige tweets wurden abgesetzt.
Ich finde es absolut fabelhaft, dass die Aufschreitweets aber andererseits offenbar dazu führen, dass sich so mancher Mensch aktiv damit auseinandersetzt, ob und wie er vielleicht zum Unbehagen anderer beiträgt. Dass das Thema in den Medien aufgegriffen wird, ist meines Erachtens logisch und auch wünschenswert. Ich wünsche mir eine offene Diskussion von Männern und Frauen (und Butches und Femmes ;)) zum Thema, in der jede Art von Sexismus gleich behandelt wird. Tschaka!
Und während all das passiert, vertreibe ich mir zwischendurch einige Minuten damit, Derailment Bingo zu spielen, denn zu mehr sind die Tweets der #Aufschrei-Kritiker in 98 % aller Fälle nicht zu gebrauchen. Schade.
Sollte nicht lange dauern, da zu gewinnen …
- „Fragt mal einen Farbigen, was der so täglich in Deutschland erlebt. DAS ist einen #aufschrei wert, aber nicht euer Kindergartengedöhns. FAIL“
- Einfach weiter Fifthy Shades of „Peitschen-Beißen-Fesseln-Bluten“ Gray lesen und den Schnabel halten. #Aufschrei
- Ihr wolltet ja gleichberechtigung und freizügig herumlaufen braucht euch net wundern wenn ihr euch wie auf dem Viehmarkt fuehlt #Aufschrei
- #Aufschrei-Debatte: Heterophobie schwacher Männer und frustierter Frauen.
- Vielleicht sollten die betroffenen Frauen einfach lernen besser zu kontern anstatt sich als Opfer darzustellen. #Aufschrei
Großer Spaß. 😉
Manchmal weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich bin auf jeden Fall ein bisschen müder seit dem gestrigen Tag.
Kommentar by Miss James — 26. Januar 2013 @ 12:52
Genau dieses Vermischen von Sexismus, sexuellen Belästigungen und Diskriminierungen hat es mir so schwer gemacht mit diesen #Aufschrei Tweets was anzufangen.
Meiner Meinung nach KANN man diese Sachen nicht vermischen. Sie mögen alle ähliche Ursachen haben, aber dann hätte ich auch diskriminierende Tweets zu anderen Themen mit aufgreifen können (Diskiminierung von Ausländern….)
Kommentar by airsigna — 26. Januar 2013 @ 14:25
Dass sich so wenige Männer zu dem Thema raushalten (bis auf die ganz Stumpfen, wie mir scheint), halte ich für ganz und gar nicht erstaunlich. Mal ein paar Gründe dafür:
1. Im laufenden Diskurs bekämpfen sich ja schon die #Aufschreiprotagonisten mit harten Bandagen untereinander. Defakto wäre jeder Wortbeitrag von mir angreifbar und zwar jeweils von jemandem der eine bessere Position hat (nämlich im Zweifel ein betroffene Frau ist). Im Grunde sind Wortbeiträge für Männer eine Loose-Loose-Situation.
2. Ich kann schlicht auch nicht sehen, was es aus meiner Position dazu konstruktivbeizutragen gibt. Seximus und Belästigung betrachte ich seit jeher als unverhandelbare Missetaten. Dass jetzt aufgeschrieen wird ist ebenso verständlich, wie mir die Diskussion bisher konsequenzlos erscheint: Wenn man als Mann schon der Meinung ist, dass das nicht geht und man ich dem entgegenstellt, wo man es trifft … was soll man da jetzt noch als Konsequenz ziehen?
3. Wie auch bei vielen anderen Gender-Themen sind wir Männer schlicht in der argumentativ schlechteren Ecke. Nicht nur leiden wir kaum bis gar nicht unter Sexismus und Belästigun. Nein, wir sind ja auch auch noch das Diskrimierende und Belästigende-Geschlecht. Da läßt sich schlecht argumentieren. Was aber noch viel schwerer wiegt: Wir haben ja schlicht keine Modernisierungsbewegung, die vergleichbar mit dem Feminismus wäre. Wir haben schlicht weniger Überbau, von dem aus wir in einem solchen Diskurs aus agieren könnten.
4. Das hast Du ja auch schon erwähnt: Was sich derzeit unter #Aufscrhei findet, vermengt halt sehr viele Problemfelder, bis hin zu Vergewaltigung. Und in die andere Richtung steht ja außer Frage, dass uns „Geschlecht“ (und sei es ein Gender) als identitätsstiftende Dimension erhalten bleiben wird. Und da stellt sich die Frage, welche (und sei es durch Konvention bestimmte) geschlechtsspezifische Eigenschaften wir denn bereit sind beizubehalten (Stichwort „Wer bringt den Müll runter“). Im Diskurs findet sich ja derzeit das gesamte Spektrum. Da „mal was zuzusagen“ … erscheint mir fast absurd.
5. Last but not least glaube ich ganz persönlich (und ich hoffe mal, dafür hier nicht gehängt zu werden), dass wir zu allererst ein Problem mit jungen Männern haben. Ich kenn da die Zahlen nicht, aber ich möchte wetten, dass sich in den Täterprofilen bei Belästigung und Seximus signifikante Überschneidungen finden lassen, zu anderen Formen der Diskriminierung, Gewaltausübung und Kriminalität. Ein Diskurs, der sich nur am Sexismus aufhängt greift zu kurz. Und der Grund, warum es sich für mich eigentlich nicht lohnt dazu etwas zu sagen: Lösungen dafür habe ich leider auch keine.
Kommentar by ben_ — 27. Januar 2013 @ 10:47
[…] nebenan findet es ausgesprochen erstaunlich, dass sich so wenige Männer zu Wort melden. Das finde ich ganz und gar nicht. Im Folgenden will […]
Pingback by Es wird aufgeschrien | anmut und demut — 27. Januar 2013 @ 11:37
Ich finde es ziemlich faszinierend, dass gerade Du nicht auch aus dem Stehgreif einige Situationen aufzählen kannst, in denen Du als Mann mit Sexismus konfrontiert wurdest. Neben dem Nachbarn vom Freien Lieben bist Du einer von ganz wenigen Männern, die ich persönlich kenne, die sich sehr intensiv mit Maskulinität und der (De-) Konstruktion selbiger auseinandersetzen.
Ist das wirklich so, dass Dir kein Sexismus widerfährt oder siehst Du den #Aufschrei nur in eine Richtung (Frauen erzählen über Männer) schallen?
Kommentar by Feylamia — 27. Januar 2013 @ 12:08
Ich sags mal so: Ich hab ja vier Jahre in einer Kneipe / Disko gearbeitet. Ich habe da am Wochenende Alkohol an jungen und nicht gnaz so junge Menschen verkauft. Es ist ja praktisch unmöglich, dass ich da nicht selber auch Sexismus konfrontiert, aber in der Tat ist mir keine Situaton in Erinnerung geblieben.
Ich kann/muss/darf sogar sagen, dass in meinem Beruf als Programmierer nie ernsthaften Sexismus erlebt habe (schon gar nicht gegenüber mir selber). Die Frauen, ich kennengelernt habe, die Programmieren konnten, gehörten durch die Bank weg zu den besten Programmierer, die ich kenne. Und von Eva, die Du ja auch noch kennst, habe ich sogar ein paar der wichtigsten Sachen gelernt.
Wenn man also mal die Verknappung von Berufsbildern („Mann“ kann ja praktisch nicht Kindergärtner werden) und modischen Accesoirs wegläßt, kann ich mich wirklich keines Sexismusses erinnern, der mir je wiederfahren wäre. Damit will ich gar nicht ausschließen, dass mir das nicht passiert wäre. Vermutlich passiert mir das sogar regelmäßig. Aber ich nehme es nicht als Beeinträchtigung war.
In dem Sinne sehe ich den aktuellen Aufschrei in der Tat als von einer Richtung in die andere schallen.
Kommentar by ben_ — 27. Januar 2013 @ 12:26
Ich bin ein bisschen neidisch. 😉
Ein Bekannter von mir ist Kindergärtner und hat gut mit Sexismus zu tun.
Vielleicht erlebst Du das nicht so sehr, weil Du nicht so sehr vom klassischen Männerbild abweichst. Mit Deinen Stoppeln und dem „Männerberuf“ und allem.
Kommentar by Feylamia — 27. Januar 2013 @ 12:34
nur weil es nun scheint als wäre die welt der it friede, freude, eierkuchen mit freundlichen, tollen leuten: auf dem 29c3 war sexismus ein großes thema (http://blog.fefe.de/?ts=ae1a50a0) und weltweit ist das auch ein dauerbrenner (http://geekfeminism.wikia.com/wiki/Timeline_of_incidents).
Kommentar by thomas — 27. Januar 2013 @ 14:22