„apologizing doesn’t mean that you are wrong and the other person is right. it just means that you value your relationship more than your ego.“
Das twitterte neulich eine Bekannte aus den Weiten des Web 2.0.
Fand ich toll. Hab ich aber nochmal überdacht. Entschuldigen bedeutet verdammt oft auch einfach nur, dass man etwas von der anderen Person will, das sie einem sonst nicht gibt. Das ist dann natürlich nicht mehr so richtig toll.
Wo wir gerade so bei dem Themenbereich sind: Ich bin eigentlich ja total gut im Vergeben. Ich bemerke sozusagen die ersten drölfzig mal gar nicht, wenn jemand nicht so richtig nett zur mir ist oder verdränge das binnen Sekunden. Aber irgendwann läuft das Fass über und dann ist Schicht im Schacht und der Elefant kommt zu Tage: Egal ob mein Gegenüber es bemerkt oder nicht, dann stehen bei jeder Kommunikation und Interaktion diese Dinge im Raum und ich vergesse die einfach nicht. Das ist einerseits zwar sehr hilfreich, denn dann wird man nicht nochmal enttäuscht oder wütend gemacht, andererseits aber auch ziemlich nervig, weil man mit diesen Dingen dann natürlich nie so richtig abschließt. Möchte ich im nächsten Leben bitte gerne mal anders haben, nur so zum Ausprobieren, wie es sich anfühlt. 🙂
Gott, dass weckt ja den Sprachphilosophen in mir.
Du verwendest „vergeben“ im Sinne von „nicht nachtragend sein“, was eine etwas eigentümliche Verwendung ist.
Mit „apologize“ ist im Englischen genau genommen (was einige Amerikaner und Engländer auch gerne tun) „Abbitte leisten“ gemeint, was man zwar auch unter „entschuldigen“ verstehen kann, aber das deckt sich in der üblichen Rede mit dem englischen „to say sorry for sth.“ (Man will nicht Widergutmachung betreiben, man bemitleidet nur eine Person bezogen auf einen Zustand).
„Vergeben“ kann ich so gesehen nur jemandem, der „Abbitte leisten“ möchte. Daher klingt es komisch, jemandem, der „ups“ sagt mit „Ich vergebe dir“ zu antworten.
„Nachtragend“ bin ich unabhängig vom Entschuldigungsverhalten des anderen.
Kommentar by Carsten — 20. Januar 2010 @ 17:44
Zum Deutschen: Ich verwende Vergeben im Sinne von Verzeihen. Aber ich verzeihe eben nur soundso oft, und dann nicht mehr. Das wiederum mag man dann durchaus „nachtragend sein“ nennen – ich trage die Enttäuschung/Wut dann schließlich weiterhin in mir.
Vergeben kann man eigentlich jedem, unabhängig davon, ob der Abbitte leisten möchte oder nicht. Siehe Jesus. 😉
Zum Englischen: Puh, das sehe ich alles etwas anders. 😉 Sowohl bei der Abbitte als auch bei „apologize“ schwingt Bedauern mit, aber das ist bei der Entschuldigung ja nicht zwingend ausgeschlossen. „to say sorry for something“ ist eigentlich immer ein Entschuldigen – Mitleid wäre eher „be sorry“.
Kommentar by Feylamia — 20. Januar 2010 @ 18:12
Natürlich kannst du deine Begriffe verwenden, wie du willst und Vergeben und Verzeihen meint sicher auch dasselbe, nur braucht es dazu entweder einen klaren moralischen Fehler eines anderen oder ein Verzeihungsersuch eines anderen. Wenn du „nicht so richtig nett“ darunter fallen lässt, passt das. Ich glaube aber bei Jesus gab es niemandem, der ohne Anlass um Verzeihung bat und bitten hätte müssen, von daher ist auch dort die Sachlage klar.
Im Englischen verhält es sich, denke ich tatsächlich wie folgt, woher die Irritationen einiger Engländer kommt:
Treffe ich mich z.B. mit jemandem im Restaurant
a. entschuldige ich mich vom Tisch (Verhalten gehört zu dem, was man „Manieren“ nennt, engl. „Excuse me“), wenn ich mich kurz aufs Klo verziehe
b. entschuldige ich mich am Tisch (s.o.) wenn ich einen Handyanruf bekomme und entschuldige mich (das, was ich Mitleid/Einfühlungsvermögen bezeichnen würde / im engl. mit „I’m sorry“) möglicherweise erneut, wenn ich „wieder da“ bin.
c. entschuldige ich mich komplett (Abbitte/ „im engl. mit „apologize“), sollte ich durch b. den ganzen Abend ruiniert haben.
Ich denke, es kommt bei der Verwendung von „entschuldigen“ auf den Ton an und im Englischen tatsächlich auf eine genaue Wortverwendung, um dasslebe auszudrücken.
Kommentar by Carsten — 21. Januar 2010 @ 10:55
Ich verwende die Begriffe tendenziell schon auch so, wie sie im Duden stehen.
Jesus hat seinen Peinigern vergeben, ohne dass diese darum gebeten haben, zum Vergeben braucht es also nicht zwingend ein Ersuch um Vergebung. Darauf bezog ich mich oben, da Du ja meintest zur Vergebung gehöre, dass jemand Abbitte leisten möchte.
Zu apologize/sorry:
Ich sehe da nicht, dass „say sorry“ nicht auch den „Wunsch nach Vergebung“ beinhalten könnte. Ich frage vielleicht mal einen meiner Dozenten.
Kommentar by Feylamia — 21. Januar 2010 @ 15:00
[…] auf ein weiteres Tokio-Hotel-Fan-Outing (diesmal auf twitter, so ganz modern) und stammt von der Bekannten aus dem web 2.0 deren Namen ich jetzt besser nicht erwähne und deren last.fm-Profil ich besser nicht verlinke, […]
Pingback by Zitate des Tages: Magisterarbeit & Tokio Hotel | dichotomy — 31. Januar 2010 @ 16:51