dichotomy We're all in the gutter, but some of us are looking at the stars. (Oscar Wilde)

14. Februar 2010

Valentinstags-Spezial: Gedanken über Beziehungen

Von überall werde ich mit Valentinstagswerbung, -grüßen, -SMS-Nachrichten und so weiter bombardiert. Das nehm ich dann mal zum Anlass, ein wenig über die Liebe und das Umgehen mit ihr zu schreiben. Achtung, dazu habe ich eine Menge zu sagen, ich stehe ja gerne auf der Seifenkiste, ne. :mrgreen:

Ich persönlich habe das ziemlich gut raus, mich in Frauen zu vergucken, …

  • … die Probleme mit ganz wichtigen Teilen meines Selbstverständnisses haben.
  • … die mich benutzen, um sich selbst aufzuwerten und besser zu fühlen.
  • … die das mit Frauen nur mal ausprobieren wollen und dann feststellen, dass das ja vielleicht doch irgendwie kompliziert sein könnte.
  • … bei denen ich ein schlechtes erstes Bauchgefühl hatte.

Im schlimmsten Fall sogar in welche, bei denen das alles zutrifft. (Oh my!) Das lässt natürlich jetzt erstmal Rückschlüsse zu: Ich bin ein bisschen treudoof und glaube immer an „das Gute“ im Menschen und geben jedem eine Chance, den ersten Eindruck zu revidieren, egal wie doof das eigentlich ist.

Glücklicherweise habe ich außerdem die Angewohnheit, nicht von Beziehung zu Beziehung zu hüpfen und mir meiner Gefühle relativ sicher zu sein, bevor ich eine Partnerschaft eingehe. (Puh! Das schützt schon mal ein wenig, auch wenn natürlich auch ich schon unangenehme Erfahrungen gemacht habe.) Ich kenne aber auch Menschen, die sich ganz pragmatisch überlegen „Ach Mensch, XYZ passt eigentlich ganz gut zu mir und ich finde ihn/sie ziemlich nett, probieren wir das mal“ – das kann ich absolut nicht. (Und muss zu meiner Schande gestehen, dass ich auch die Beziehungen solcher Menschen nie so richtig nachvollziehen oder ernstnehmen kann, weil das so Zweckgeschichten sind. Ich bemühe mich aber redlich.)

Kurzum: Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker. Meine Traumfrau soll mich bitte im Supermarkt mit dem Einkaufswagen umfahren, mir aufhelfen, mir in die Augen schauen und *WUMMS* himmlische Harfen spielen, Schmetterlinge lassen Feenstaub auf uns rieseln, es ist Liebe auf den ersten Blick. So stelle ich mir das vor, jawohl. Eine kosmische Verbindung. Den Teil von sich selbst finden, der vorher gefehlt hat. Das ganze kitschige Programm. Inklusive ewiger Liebe, Haus, Baum, Kind und Hund.

Meistens kommt es dann aber doch ein wenig anders und es gibt die ewige Liebe sondern nur eine Beziehung über n Jahre oder Monate, dann entwickeln sich Dinge erst schön und dann nicht mehr so schön. Und oft kann man dann auch nicht auf den anderen Menschen sauer sein, auch wenn er Fehler gemacht hat. Viele Menschen können sich nämlich prima selbst belügen. Und wenn sie das gut machen, dann bemerken sie es selbst nicht und dann bemerkt man es selbst vielleicht auch nicht. Und wie soll man einem Menschen das zum Vorwurf machen? Fällt mir persönlich zumindest eher schwer.
Das Ende tut dann beiden weh – dem, der (mehr) geliebt hat, ja sowieso, aber dem Anderen auch, weil er sich mit seinen schlechteren Seiten auseinander setzen muss(te).
Aber so richtig daraus lernen tut trotzdem niemand. Und das ist auch vermutlich auch gut so, denn sonst würde niemand mehr einem neuen Partner eine Chance geben und das wäre ja nun auch wieder sehr traurig. Es gibt da ja dieses kitschige englische Sprichwort „Dance like nobody’s watching; love like you’ve never been hurt. Sing like nobody’s listening; live like it’s heaven on earth.“ Da ist wirklich was dran, schätze ich.

Girls are taught a lot of stuff growing up. If a guy punches you he likes you. Never try to trim your own bangs and someday you will meet a wonderful guy and get your very own happy ending. Every movie we see, every story we’re told implores us to wait for it, the third act twist, the unexpected declaration of love, the exception to the rule. But sometimes we’re so focused on finding our happy ending we don’t learn how to read the signs. How to tell from the ones who want us and the ones who don’t, the ones who will stay and the ones who will leave. And maybe a happy ending doesn’t include a guy, maybe… it’s you, on your own, picking up the pieces and starting over, freeing yourself up for something better in the future. Maybe the happy ending is… just… moving on. Or maybe the happy ending is this, knowing after all the unreturned phone calls, broken-hearts, through the blunders and misread signals, through all the pain and embarrassment you never gave up hope.

– Gigi (He’s Just Not That Into You)

Das hat sie wunderschön gesagt und das spiegelt auch ganz gut meine Einstellung wider. Ich glaub halt einfach an das Gute im Menschen, immer und immer wieder.
Aber dann gibt es auch Fälle, wo ich verstehe, dass Menschen diese positive Grundeinstellung nach einer Trennung einfach nicht hinbekommen. Das liegt dann wieder eher auf der Metaebene begründet und hat nichts mit dem eigentlichen Auseinandergehen zu tun: Denn eigentlich ist diese ganze Liebesgeschichte ganz einfach. Uneigentlich jedoch ist es natürlich schwierig für jemanden, der jedes seiner Versprechen mit allen Konsequenzen meinte, zu akzeptieren, dass der Andere temporäre Versprechen gab, die nur für den Moment gültig waren und dann wieder zurückgenommen wurden, womöglich auch noch, ohne das zu verbalisieren.
Ich habe jetzt mehrfach erlebt, dass ein Partner mit dem anderen innerlich bereits abgeschlossen hatte, sich aber erst getrennt hat, als etwas Neues in Aussicht war. Das ist eigentlich der größte Schlag ins Gesicht eines Menschen und negiert mit einem Mal die ganze vorherige Beziehung. Da war dann auch immer nicht die eigentliche Trennung das Problem, sondern die Art und Weise. (Womit wir dann wieder bei Kommunikationsfähigkeit sind.)

Bei ElitePartner habe ich während eines kostenlosen Testmonats das hier gefunden:

Es gibt Trennungen, die sind gar keine. Es sind Müllentsorgungen. Man hat jemanden kennen gelernt. Die neue Kollegin, der glutäugige Barkeeper, die Fremde im Supermarkt oder irgendwer sonst. Man ist glücklich, man ist verliebt man ist … eigentlich vergeben.

Also wird man den alten Partner los. Vielleicht brutal und rücksichtslos. Vielleicht demütigt man ihn mit Gesprächen, die um Verständnis werben. Oft fühlt der andere sich noch schlecht, weil er einem das neue Glück nicht gönnt. Seien wir ehrlich: Eigentlich wird da der Restmüll eines alten Lebens entsorgt. Man wirft jemanden weg, weil man ihn durch einen Besseren ersetzt. Vielleicht nicht besser, sondern auch nur jünger, einfacher, frischer, unbekannter, spannender. Das Ersetzen von Menschen, auch wenn keiner das hören will, entlarvt tausend Versprechen als billige Lügen. Treueschwüre als Hinhaltetaktiken. Liebesbekundungen als leeres Gerede. Es ist das so ziemlich Abgründigste, das man einer Beziehung antun kann.

[…]

Einerseits ist es natürlich leicht, den Gehenden da anzuprangern, andererseits sind diese Handlungsweisen sicherlich daraus geboren, dass solche Partnerspringer den Gedanken, mit sich selbst allein zu sein, nicht so recht ertragen können oder wollen. Und kann man Menschen wirklich hundertprozentig dafür verantwortlich machen, dass sie Probleme haben? Ich hoffe, nicht. Paradoxerweise sind fast nur Menschen, die auch ohne Partner Erfüllung finden, solche, die eine funktionierende Partnerschaft haben können. Selbstliebe führt dazu, dass man von Anderen geliebt wird. Das klingt schon wieder gar nicht mehr so paradox. Das ist auch der Grund, warum man plötzlich tausend potentielle Dates haben könnte, wenn man glücklich verliebt ist. Man strahlt halt Zufriedenheit und Glück aus. 🙂

Ich kann mich erinnern, dass ich große Probleme hatte, Verständnis aufzubringen, als mir eine Bekannte berichtete, wie sie während eines Auslandsaufenthalts einen Mann kennenlernte und dann schon etwas mit ihm hatte, während zu Hause noch ihr Ex auf sie wartete (mit dem sie zu dem Zeitpunkt schon einige Jahre lang zusammen war und sogar zusammen wohnte). Ihr Begründung war unterm Strich „Ich hatte ja innerlich bereits mit der anderen Beziehung abgeschlossen.“ Ja, Du, aber er nicht. Das ist so unglaublich schäbig, da fehlten mir die Worte. Wer seinem Ex nicht mal die Art von Respekt entgegenbringen kann, ihm zu sagen, dass es vorbei ist, der sollte nicht auf die Beziehungswelt losgelassen werden. Eine Beziehung erfordert immer Respekt und immer auch Arbeit.

Ich glaube allerdings, dass gerade viele jüngere Menschen nicht bereit sind, an einer Beziehung zu arbeiten. Anstatt gemeinsam Probleme zu klären, wird einfach der nächste Partner gesucht. Denn da läuft es anfangs ja besser – die schlechten Eigenschaften ignoriert man geflissentlich, die rosarote Brille funktioniert und alles ist spannend und aufregend. Nette Taktik, zumindest, bis man erwachsen ist. Denn als Faustregel gilt meiner Meinung nach: Wer nicht mit einem Partner über Probleme reden kann, der sollte keinen haben. Das Wort Partner ist dann einfach das falsche Wort, denn Partner arbeiten zusammen an etwas.
Das klingt erstmal hart, aber ist auch für den „Kommunikationsunfähigen“ im Prinzip besser. Wer will schon einen Schweif an kaputten Beziehungen hinter sich herschleppen, der mit jedem erneuten Versuch länger wird und künftige Beziehungen dann auch belastet? Aber vielleicht sehe ich das auch nur so, weil ich auf die langsam aber sicher auf die Dreißig zustolpere und dementsprechend irgendwie schon eine ganze Menge gesehen, wenn auch glücklicherweise nicht alles am eigenen Leibe erfahren, habe. (An dieser Stelle klopfe ich mal auf Holz und lasse Angelina Jolie wissen, dass sie nach unserer Hochzeit doch bitte nett zu mir sein möge.)

Man sieht: Beziehungen finde ich nur so lange erstrebenswert, wie beide Seiten ehrlich zu sich selbst und zueinander sind. Nur mal so als Warnung an die nächste Frau, die sich an mir versucht. 😀

13 Comments »

  1. Ich gebe der verbitterten alten Frau mal direkt recht. 😛

    Kommentar by Zigeunerprinzessin (Valentinstag-boykottierend) — 14. Februar 2010 @ 13:16

  2. Ja, eine gute Beziehung erfordert häufig harte „Arbeit“. Rosarot ist nämlich kein Leben. Und ich danke jeden Tag, dass ich jemanden gefunden habe, der mit mir auch durch Tage geht, die nicht rosa, sondern vielleicht grau oder auch rabenschwarz sind.

    Kommentar by DieRaecherin — 14. Februar 2010 @ 21:19

  3. Auf PostSecret war letztes Jahr im Mai eine Karte, auf der stand „I think what I most want in a future husband is the man who can comfort me best when my mother dies“. Ich finde, mit weniger Worten kann man wahre Liebe kaum so gut beschreiben.

    Kommentar by Feylamia — 14. Februar 2010 @ 21:24

  4. Amen. Oder so. Jedenfalls wahre Worte.

    Ich zitiere mal einen mir sehr nahestehenden Menschen: „Die Liebe bleibt, nur das Objekt wechselt.“! Klar, Gefühle können sich ändern, nicht alles ist für die Ewigkeit bestimmt, aber dann sollte man auch die Courage aufbringen und der Person die einem mal etwas bedeutet haben sollte, sagen wie man empfindet und es auf ehrliche Art und Weise beenden. Das tut zwar auch weh, kann man aber nüchtern betrachtet wohl eher verzeihen als einfach ausgewechselt zu werden. Und ich könnte meinem Spiegelbild jedenfalls besser in die Augen schauen als mit Hinhaltetaktiken.

    Ich habe das aber auch schon mitbekommen das andere nur noch mit ihrem Partner zusammen sind weil Sie nicht allein sein wollen. Überhaupt kenne ich viele die geradezu ein Drama aus ihrem Singleleben machen. Und ich hab nicht gut reden, denn ich war auch lange alleine und kann mich nicht an hektische Suchen erinnern, in denen ich für die wage Möglichkeit einer neuen Bekanntschaft/Liebe alles stehen und liegen gelassen habe (und ich weiß wovon ich rede, ich habe schon kleine Lager wegen solcher Leute kurzfristig absahen müssen). Ich hab versucht das mit Fassung zu tragen und halt versucht auf eine Person zu warten der ich mein Herz schenken wollte … und nicht jemanden der einfach nur kurzfristig mein Singleleben beendet hat.

    Kommentar by Bioschokolade — 15. Februar 2010 @ 20:05

  5. Das mit dem Drama kenne ich auch gut. Bevor ich Madita kennenlernte, war ich zwei Jahre lang Single oder so. Gefunkt hat’s dann erst, als ich das Thema Beziehung für mich erstmal hinten angestellt und mich nur noch um mich selbst gekümmert habe. Wer sich selbst genug ist, der kann auch mehr zu einer Beziehung beisteuern, glaube ich. 🙂

    Ich bin auch einfach zu alt (und das schon, seit ich 13 bin :D), um groß auszuprobieren und so, finde ich. Kurze Affären geben mir nichts, ich will richtige Gefühle oder lieber gar nichts. 🙂

    Kommentar by Feylamia — 15. Februar 2010 @ 20:11

  6. Genau. Ich denke auch wer bereit ist zu warten und nicht permanent sucht hat deutlich bessere Chancen als jemand der versucht sein Glück zu erzwingen oder jede halbwegs annehmbare Person nimmt. Und letztendlich will ich meine Freundin angucken und sagen können „Ja, genau DIE“ und nicht „Naja, besser als ganz alleine.“ Und ich bin ganz glücklich das ich denke genau das gefunden zu haben.

    Kommentar by Bioschokolade — 15. Februar 2010 @ 20:46

  7. So soll’s sein. 🙂

    Kommentar by Feylamia — 15. Februar 2010 @ 20:53

  8. Was, wenn „Ja, genau DIE“ meint „Nö, genau ich eben NICHT“? Bei der nächsten bleibt der bittere Beigeschmack von „zweiter Preis“.

    Kommentar by Missingno. — 15. Februar 2010 @ 22:33

  9. Dann wäre sie aber wohl nicht die Freundin, wenn sie nicht wollte. 😉

    Kommentar by Feylamia — 15. Februar 2010 @ 22:34

  10. Nicht DIE Freundin, aber EINE.
    Und außerdem geht es ums Prinzip. 😉

    Kommentar by Missingno. — 15. Februar 2010 @ 22:51

  11. Naja, das ist bestimmt immer bitter, aber wenn DIE denkt Sie ist es eben nicht bzw. ich bin es nicht dann ist sie auf lange Sicht wohl nicht DIE …. oder überhaupt jemand für länger. Und einfach nur EINE will man ja auch nicht, dann ist man doch wieder beim anderen Schema *g*. Oder so. Sag ich mal. Verwirrend. Ansonsten: Neues Spiel neues Glück?

    Kommentar by Bioschokolade — 16. Februar 2010 @ 20:55

  12. So sieht’s aus – DIE eine kann sie nur dann sein, wenn sie das gleiche empfindet. Sonst ist sie halt nur „eine“. 🙂

    Kommentar by Feylamia — 16. Februar 2010 @ 20:57

  13. Was IST und was man DENKT muss ja nicht unbedingt immer übereinstimmen. Und wenn man nun einmal denkt „das ist DIE“, dann ja sicherlich nicht ganz ohne Grund. (Zumindest, wenn man das nicht bei jeder denkt – das wäre dann dämlich.)
    Aber halten wir fest: es reicht nicht aus, wenn man selber denkt, es sollte umgekehrt genauso sein. Richtig? Richtig.
    (Ändert jetzt nur nichts an der Sache, dass man bei der Nächsten in einer gewissen Zwickmühle ist.)

    Kommentar by Missingno. — 16. Februar 2010 @ 22:26

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