Refugees welcome

Neulich saß ich mit zwei Bekannten zusammen und wir stellten fest, dass wir alle unsere eigene Migrationsgeschichte haben. Meine zähle dabei nicht so richtig, wurde mir gesagt: Meine Großeltern flohen nämlich nur aus Ostberlin vor der Stasi und nicht aus weiter Ferne vor Hunger oder Krieg.

Wie sehr es doch zählt, weiß ich allerdings seit meine Mutter mir davon erzählte, wie sich die Flucht für sie anfühlte – bei Nacht und Nebel abzuhauen, nur mit dem, was sie am Leibe trugen und mit wenigen Koffern. Wie sie von Angst zerfressen wurde, als ihr Bruder und sie nach ihrer Ankunft in Westdeutschland von ihren Eltern getrennt wurden und nicht wussten, ob und wann sie sie wiedersehen. Ich bin keine Psychologin, aber die muss ich nicht sein, um zu sehen, dass das kein Zuckerschlecken war und tiefe Spuren hinterlassen hat. Meine Mutter hat nun die sechzig Jahre hinter sich gelassen und ihr steigen immer noch Tränen in die Augen, wenn sie sich daran erinnert. Und mein Vater, Baujahr 34, hat Tränen in den Augen, wenn er sich an den Krieg erinnert. An die Gleise, die er mit seinen Kumpels sabotiert hat, damit die Züge halten mussten und die Dorfjungs Kohlen klauen konnten. Daran, wie Soldaten in die Schule kamen und die Schulspeisung durchführten. Wie er mal in sein Elternhaus schlich, in dem nun englische Soldaten lebten, und denen mutig berichtete: „This is my room.“

Flucht, Hunger und Krieg hinterlassen immer Spuren, bei allen Beteiligten. Und wenn wir, sogar durch Kleinigkeiten, das Leid auch nur ein wenig lindern können, wer wären wir, wenn wir das nicht täten? Man muss nicht einmal spenden – es reicht schon, beim nächsten bösartigen Kommentar über Flüchtlinge den Mund aufzumachen und zu sagen: „Du sprichst nicht für die Mehrheit. Was Du sagst, ist keine Meinung. Es ist Rassismus.“

Wer allerdings spenden möchte, der kann zum Beispiel bei den Bloggern für Flüchtlinge vorbeischauen.



Ein Euro

Heute hat mich ein Eintrag bei der Schlampengöttin sehr berührt:

Beim Einkaufen heute war vor uns eine alte Frau an der Kasse. In ihrem Korb: Katzenfutter, Brot, ein bißchen Gemüse. Ihr Geld reichte nicht, 1€ fehlte. Als die Kassiererin ihr das sagte, lief sie puterrot an, stammelte „oh Gott, was mache ich denn jetzt?“.

Und in dem Moment sagten drei Menschen wie aus einem Munde: „Ich geb Ihnen das Geld“.

Vielleicht gibt’s ja doch noch Hoffnung.



Gutes tun?

We let you loan to the working poor

Kiva lets you connect with and loan money to unique small businesses in the developing world. By choosing a business on Kiva.org, you can „sponsor a business“ and help the world’s working poor make great strides towards economic independence. Throughout the course of the loan (usually 6-12 months), you can receive email journal updates from the business you’ve sponsored. As loans are repaid, you get your loan money back.

Wenn ich mir die Regale der Supermärkte hier so anschaue, dann steht Weihnachten vor der Tür. Das ist Grund genug, sich mal Gedanken über Alternativen zum üblichen „Fest der Liebe“-Bohei anzubieten. Gestossen bin ich dabei auf kiva.org. An sich eine gute Sache, macht aber die Banken vor Ort kaputt, weil die keine so günstigen Kredite anbieten können. Was also tun? Da kann man sich wenigstens sicher sein, dass das Geld dahin geht, wo es gebraucht wird und nicht hauptsächlich für Gebühren und die Gehälter vom Vorstand ausgegeben wird. Aber irgendwie ist es wie immer: Menschen, die etwas mehr Glück hatten, spenden und denken, sie seien Wohltäter. In Wirklichkeit unterstützen sie dabei aber vermutlich lediglich ihr eigenes Gewissen und die Geldtaschen von anderen privilegierten Menschen. Schöne Scheisse.



haste mal ’n euro?

Gestern auf dem Weg von der S-Bahn zum Zug stand da – mal wieder – ein Penner, der Geld schnorren wollte. Nun gebe ich eigentlich eher selten, aber der sah fertig aus, war schon alt und meinte auch noch „Ich hab voll Hunger, hab seit zwei Tagen nichts gegessen!!!!“
Also bin ich in den Bahnhof zum Bäcker, habe ein paar Brötchen geholt und sie ihm gebracht. Blöde geguckt hat er, zwar „Danke…“ gemurmelt, aber die Tüte direkt in den Rucksack gepackt. So richtig Hunger hatte er wohl doch nicht. Blöder Penner (aha, daher kommt der Begriff also) – wenn er nur Geld fürs Saufen will, dann soll er das einfach sagen. Soviel Ehrlichkeit hätte ich nämlich auch mit ’nem Kurzen belohnt.
Das war auf jeden Fall das letzte Mal, dass ich einem, den ich nicht vom Sehen kenn, was gegeben habe. Da lobe ich mir den jungen Herrn Punker, der immer lieb und freundlich ist und manchmal sogar seine Brille trägt (und damit angenehm nach intellektuellem underdog aussieht) oder jungen Mütter am Bahnhof den Kinderwagen die Treppe hochschleppt. Als ich das letzte Mal im Hochsommer bei McDonald’s war und kein Kleingeld hatte, da habe ich ihm meine Cola angeboten, da hat er sich gefreut. Und ich mich auch. Der lügt nämlich nicht, wenn er sagt, er hat Durst, Hunger oder Bock auf Kippen. Netter Kerl, echt. Gebt dem ruhig öfter was. 🙂