Mister Döner und die Lesben

Da ich gerade schon bei „feministisch angehauchten Beschwerden“ bin (siehe Blogeintrag von eben):
Am Wochenende war ja Sparrenburgfest und ich wäre nicht ich, hätte ich mich nicht in Schale geworfen und wäre in Gewandung flaniert. Nach einem kurzen Zwischenstop zu Hause (= in unserer Übergangswohnung) ging es dann in normalen Klamotten zurück, wir kauften noch eine riesige Flasche Erdbeerwein und schon war das Gelage auch schon zu Ende und wir wollten gen Heimat aufbrechen.

Zuvor allerdings überfiel uns der Hunger und so machten wir drei (sie™, eine Freundin und ich) uns auf in die Stadt. Zum Glück ist nahe der Sparrenburg mein Lieblings-Dönerschuppen, so dass ich die beiden Damen flotten Fußes dorthin lotste, wo wir dank dem Lord of the Döner noch eine große Pommes und einen Lahmacun erstanden. Wir setzten uns in der Altstadt auf ein Steintreppchen und aßen glücklich, beschlossen dabei aber, dass ein Nachtisch hermüsste. Und wie könnte es anders sein?
„Ein Eis geht immer!“ dachten wir uns und so beschlossen wir, direkt eins nachzuschieben. Zum Glück befand sich unser Treppchen direkt gegenüber einer fabelhaften Eisdiele (ja, so ist Bielefeld – Döner und Eis direkt beieinander!) und so ging erst einmal nur ich zur Theke, während die Mädels auf unsere Klamotten aufpassten. Mister Döner kam dazu, als ich bestellte und sagte seiner „Kollegin“ (na, die kennen sich halt gut im Lebensmittelgewerbe da!), dass sie mir doch bitte riiieeesige Kugeln kredenzen möge. Tat sie auch. Ich hatte drei Kugeln bestellt und bezahlt, aber gefühlt waren das locker fünf, so mengentechnisch. Mjam. Schon da meinte er zu mir, er hätte dafür ja nun eigentlich einen Kuss verdient. Ich überging das höflich (war ja noch harmlos), schüttelte kurz den Kopf, bedankte mich aber artig und ging zurück zu meinen Mädels. Die also ab zur Theke, wieder sorgte Mister Döner für Riesenportionen (und wieder fragte er nach einem Kuss, wie mir später berichtet wurde) und kam dann zu mir, als die Mädels noch ihr Eis bekamen.
So alleine mit mir fragte er dann nochmal, ob nicht ein Kuss angemessen wäre. Tja, aus der Geschichte kam ich anscheinend nicht mehr raus. Also Flucht nach vorne: „Da bekäme ich sicherlich Haue von meiner Freundin“ entgegnete ich und hatte damit natürlich die Büchse der Pandora geöffnet. „Ooooh, ihr seid Lesben? Welche isses denn? Die blonde?“ (Süß, dass er automatisch braune und blonde Haare zusammenwürfelte. :)) Ich bejahte und daraufhin erzählte Mister Döner mir, dass er ja schon echt gerne mal mit zwei Lesben Sex hätte. Nach meinem anscheinend sehr irritierten Blick fügte er dann noch hinzu, dass das ja nicht wir sein müssten. Naja, er war trotzdem recht possierlich dabei, also meinte ich, er solle sich lieber zwei Bisexuelle suchen, die wüssten wenigstens was mit seinen Gerätschaften anzufangen, das schien ihm einzuleuchten. :mrgreen: Und dann kamen die Mädels auch schon zurück und Mister Döner verabschiedete sich dann auch.

Eine ganz typische Situation irgendwie. Klar, ich hätte nicht direkt von meiner Freundin reden müssen und hätte einfach „Nein, ich will nicht“ sagen können, aber die Erfahrung zeigte bisher, dass dann Nachfragen kommen und nur eine bestehende Beziehung am Ende ein guter Grund ist, sich nicht auf sowas einzulassen. So habe ich den Weg dann direkt abgekürzt. Besagten Mister Döner meinte ich aber auch ganz gut einschätzen zu können, schließlich kaufe ich bei dem seit Jahren alle paar Monate was zu essen und er ist ein lustiger Typ.

Dennoch: Wäre es nicht er, sondern ein Fremder gewesen, dann hätte mich der direkte Hinweis auf sexuelle Wünsche wirklich mehr als nur irritiert oder gewurmt. Und während ich mich an ihn erinnere, gehe ich sicherlich in der Masse seiner Kunden mehr als unter, er hätte das also vermutlich auch jeder anderen Frau gesagt. Schon irgendwie gruselig und unangemessen, wenn Männer nach drei Minuten Gespräch schon sexuelle Phantasien mit einem teilen.
Aber Mister Döner ist halt Mister Döner, das war also irgendwie gerade noch okay …



Danke, Anke. Oder: Männer, Maßregelungen und Motzereien.

Rants of a Female Nerd lese ich ja sehr gerne, da gibt’s immer wieder interessante Links und feine Videos und überhaupt schön geschriebene Dinge. Heute stolperte ich über Danke, Anke, in dem die Dame auf einen Blogeintrag von Anke Gröner verweist, in dem selbige einen „Flirtversuch“ seitens eines Postzustellers beschreibt. Dieser duzte sie an der Haustür und eröffnete ihr, dass er ein „Geschenk“ für sie habe, dass er ihr erst übergab, nachdem sie „bitte“ sagte und der weiterhin fragte, ob sie verheiratet wäre. Im Nachhinein fühlte sich die Situation für sie wie ein sexueller Übergriff und eine Machtdemonstration an. So weit so gut bzw. schlecht. Im Law Blog, wo auf den Eintrag verlinkt wurde, ließen dann natürlich die Kommentare nicht lange auf sich warten: Die meist männlichen Kommentatoren waren dann doch im Großen und Ganzen der Meinung, dass die Gute sich mal nicht so anstellen soll und dass sie sich doch freuen soll, dass sie angebaggert wird.
Die Tatsache, dass sie eine Frau ist, berechtigt den Postmenschen also irgendwie direkt dazu, sich unangemessen zu verhalten. Die Kommentare sind also sozusagen ein wenig die web-2.0-Version von „Wer sich so anzieht, braucht sich nicht zu wundern“ und „she had it coming“. Ich betone es: Damit bin ich nicht einverstanden. Ein Dienstleister hat primär erst einmal seine Arbeit zu tun. Dabei darf er gerne auch flirten, keine Frage. Aber in dem Moment, wo die bezahlte (!) Dienstleistung erst erbracht wird, wenn sein Gegenüber auf die Flirtversuche eingeht, in dem Moment findet in der Tat ein Übergriff statt. Das geht einfach nicht. Punkt.
Ich bin mir relativ sicher, dass ein „Du bekommst Dein Paket erst, wenn ich Dir an die Brust fassen durfte“ bei den Kommentatoren nicht auf so viel Verständnis gestossen wäre. Aber im Prinzip fühlt sich beides für die Frau gleich an – sie wird zu einer physischen oder verbalen Aktion gezwungen, die sie nicht möchte. Da muss man nicht rumdiskutieren. Klar, ein wirklicher sexueller Übergriff ist das Herausgeben des Pakets erst nach Betteln nicht, das behauptet Anke auch an keiner Stelle. Aber die gleiche Art von Machtspielchen, die auch Vergewaltiger spielen, ist es durchaus. Verbale Übergriffe schmerzen genau so wie körperliche und richten genau so viel Schaden an. Das kann man auch einfach zur Kenntnis nehmen, ohne sich gleich das Maul zu zerreißen, finde ich.

Und (weil man sich im Law Blog auch ein wenig über den Begriff „feministische Konditionierung“ beschwerte): Man muss keine Feministin sein, um es scheiße zu finden, wenn Frauen von Männern zu etwas gezwungen werden, das sie nicht wollen. Das ist nicht feministisch, das ist menschlich. Und andersrum wäre es genau so scheiße.

Ich wüsste gerne, wie die besagten Kommentatoren reagieren würden, wenn ihnen der schwule Autoverkäufer erst die Schlüssen zu ihrem soeben gekauften fahrbaren Untersatz geben würde, nachdem sie „bitte“ gesagt haben und er sie fragen würde, ob sie denn schon verpartnert wären. Wäre das dann immer noch so lächerlich? In so eine Situation gezwungen zu werden macht doch nie Spaß …