Ich habe das ja schon öfter durchscheinen lassen, dass ich Fußballfans nicht immer für die angenehmsten Zeitgenossen halte. Das liegt daran, dass Fußballfans irgendwie oft mutieren, wenn sie sich in größeren Gruppen zusammenrotten. Dann werden sie laut & unangenehm, sie vandalieren und randalieren. (Jaja, das passiert bei anderen Gruppen auch. Das bekomme ich nur nicht so oft am eigenen Leibe zu spüren. Aber Fußballfans? Armina-Fansticker auf Friedhofsschildern, vollgekotzte und mit Bier versiffte Züge, blockierte S-Bahnen, homophobe Gröhlereien – da kommt irgendwie einiges zusammen, da kann ich mitreden, das betrifft mich und mein Leben.)
Ja, klar, bei ’ner WM rechnet man damit, dass in der Innenstadt Ausnahmezustand herrscht. Aber das heißt nicht, dass das so in Ordnung wäre. Wenn an einem Wochentag nachts laut rumgetrötet wird oder Straßen ewig versperrt werden, dann ist das eine Frechheit. Da muss man auch gar nicht drüber diskutieren, finde ich.
Ich hoffe inständig, dass die Leute, die sich im großen Stil beschweren, wenn jemand seinen Unmut äußert, irgendwann mal einsehen, dass andere Menschen vielleicht gute Gründe haben, dieses Verhalten von Fußballfans scheiße zu finden.
Liebe Fußballfans: Was, wenn es euer Kind ist, das nachts um vier von den Tröten geweckt wird und nicht wieder einschläft? Oder wenn ihr diejenigen seid, die bangend auf den Notarzt warten, der nicht durchkommt, weil ein Autokorso den Weg versperrt, während ein geliebter Mensch in euren Armen fast verreckt? Ganz im Ernst: Es gibt kein schlimmeres Gefühl als auf einen Krankenwagen zu warten und nicht zu wissen, was ist. Nur zu wissen, dass euer gesamtes Leben irgendwie gerade auf der Kippe steht und im Prinzip nur der Zufall und die Vernunft wildfremder Menschen darüber entscheiden, was passiert.* Denkt halt einfach mal ein wenig nach, bevor ihr es euch auf der Kreuzung bequem macht.
Man kann durchaus auch feiern, ohne andere Menschen so zu beeinträchtigen.
Ich finde das toll, wenn Fußballfans Spaß haben. Wirklich. Selbst, wenn sie Spaß an einem Spiel haben, das ich einfach so gar nicht gut finde. Fair enough. Ich mag ja Basketball und Windsurfen – mag auch nicht jeder. Aber ich beschwere mich auch nicht, weil andere meine Leidenschaft für Ball-in-Korb und Segel-in-den-Wind nicht teilen. Egal, ich bleibe dabei: Feiern geht auch freundlich. (Und dann machen vielleicht sogar diejenigen mit, die mit Fußball eigentlich nichts am Hut haben.)
* Jaja, klar, „damit rechnet ja keiner“ und „das ist ja nun wirklich nicht die Regel“. Toll für Menschen, denen das so geht. Aber bitte nicht den Blick verlieren für diejenigen, die eben nicht so viel Glück haben und für die solche Gedanken traurigerweise zum Alltag gehören. Mann.